Foto: Zeljko Jakobovac
Die Bistumssynode wird von einer Kommission vorbereitet, die am 7. Dezember erstmals tagte.
Viele Chancen, aber auch Gefahren
Von: Peter Krämer | 25. Dezember 2012
Eine Diözesansynode ist ein seltenes und außerordentliches Ereignis. Prof. Krämer hat sich zu der Trierer Bistumssynode aus kirchenrechtlicher Sicht Gedanken gemacht.
Am 29. Juni 2012 hat Bischof Dr. Stephan Ackermann für das Bistum Trier eine Diözesansynode angekündigt. Damit hat er sich für ein Rechtsinstitut entschieden, das auf die frühe Kirche zurückgeht, und nicht für andere Formen synodaler Beratungen, wie sie in einigen Diözesen in den letzten Jahren verwirklicht wurden. Hinter der Entscheidung des Bischofs dürfte wohl die Überzeugung stehen, dass eine Diözesansynode nach der erneuerten Rechtslage des geltenden kirchlichen Gesetzbuches (vgl. cc. 460–468 CIC) flexiblere Gestaltungsmöglichkeiten enthält und von ihr wichtige pastorale Impulse ausgehen können, auch wenn sie im Leben einer Teilkirche ein wohl eher außerordentliches und relativ seltenes Ereignis darstellt.
In ihrer konkreten Gestalt hängt sie gänzlich vom Bischof ab, der die Diözesansynode einberuft, sie leitet, die Beratungsgegenstände festlegt und als einziger gesetzgebende Vollmacht innehat. Diese starke Ausrichtung auf das Bischofsamt darf aber nicht die Tatsache verdrängen, dass die Diözesansynode an der Spitze der Beratungsorgane einer Teilkirche steht, deren Aufgabe es ist, dem Bischof zum Wohl der ganzen diözesanen Gemeinschaft eine hilfreiche Unterstützung zu gewähren.
Diözesansynode ist nicht mehr eine Klerikerversammlung
Im Vergleich zu früher sind vor allem drei Änderungen von größerer Bedeutung. Die wichtigste Änderung dürfte wohl darin liegen, dass die Diözesansynode nicht mehr eine reine Klerikerversammlung darstellt; vielmehr sind nun auch Laien, die vom Pastoralrat gewählt werden, als Synodenmitglieder einzuladen, wobei der Bischof die Anzahl der zu Wählenden und den Wahlmodus festlegt.
Außerdem wird stärker das Recht der freien Meinungsäußerung herausgestellt; denn nach c. 465 CIC sind alle vorgelegten Fragen der freien Erörterung der Synodalen zu überlassen. Hier wird das in c. 212 § 3 CIC normierte Grundrecht der freien Meinungskundgabe aufgegriffen und auf die Diözesansynode bezogen. Mit anderen Worten: Als Versammlung des freien Wortes muss die Synode jedem Mitglied die Möglichkeit bieten, seine Meinung in dem, was das Wohl der Kirche betrifft, frei kundzutun, also ohne falsche Rücksichtnahme auf andere Positionen. Andernfalls kann ein innerkirchlicher Dialogprozess weder im Hinblick auf eine Diözesansynode noch auf andere überdiözesane Einrichtungen gelingen.
Nichtkatholische Christen als Beobachter eingeladen?
Schließlich ist in ökumenischer Hinsicht bedeutsam, dass auch nichtkatholische Christen als Beobachter zu einer Diözesansynode eingeladen werden können. Dabei ermöglicht der Beobachterstatus auch, dass den nichtkatholischen Christen ein Rederecht eingeräumt wird, um auf der Ebene der Teilkirche zu einem fruchtbaren Austausch der in ökumenischer Hinsicht relevanten Fragen und Meinungen zu gelangen und abzuwägen, in welchem Umfang ein gemeinsames Glaubenszeugnis oder eine gemeinsame Stellungnahme zu gesellschaftlichen Entwicklungen möglich ist.
Weil die konkrete Gestaltung einer Diözesansynode im geltenden kirchlichen Gesetzbuch nicht näher geregelt wird, sind hierzu zwei Dokumente heranzuziehen, die 1997 herausgegebene Instruktion über die Diözesansynoden und das 2004 in revidierter Fassung herausgegebene Direktorium für den Hirtendienst der Bischöfe, in welchem sich ein eigener Abschnitt über die Diözesansynode befindet. Aus diesen Dokumenten geht hervor, dass der Bischof eine Vorbereitungskommission bilden muss, deren Aufgabe es unter anderem ist, eine Synodenordnung zu erstellen, wobei noch vermerkt wird, dass ein eigenes Sekretariat und eine Pressestelle einzurichten sind. Vor Beginn einer Synode ist eine Befragung der Gläubigen vorzunehmen, um zu ermitteln, mit welchen Themen sich die Synode beschäftigen soll. Unter Berücksichtigung dieser Befragung kommt es dann dem Bischof als dem Leiter der Diözese und der Diözesansynode zu, die zu verhandelnden Fragen festzulegen.
Bischöfliches Leitungsamt und kirchliche Gemeinschaft
Ohne auf die weiteren Einzelheiten hier näher eingehen zu müssen, scheint mir der in den Ausführungsbestimmungen herausgestellte Doppelcharakter einer Synode wichtig zu sein: Die Diözesansynode ist einerseits Ausdruck des bischöflichen Leitungsamtes und andererseits ein Sich-Ereignen kirchlicher Gemeinschaft. Dies setzt freilich voraus, dass die Synode die diözesane Gemeinschaft in der Vielfalt der Regionen, der Berufe und sozialen Verhältnisse sowie der pastoralen Dienste und Ämter widerspiegelt.
Damit kommen bereits mögliche Gefahrdungen einer diözesanen Synode in den Blick, wenn der Doppelcharakter der Synode nach der einen oder anderen Seite hin zu zerbrechen droht. Eine erste Gefährdung dürfte in der Überbetonung der bischöflichen Leitungsfunktion liegen. Auch wenn der Bischof der einzige Gesetzgeber in der Diözesansynode ist, darf diese doch nicht als ein unverbindlicher Gesprächskreis verstanden werden, dem der Bischof eine mehr oder weniger große Bedeutung beimisst. Vielmehr ist der Bischof verpflichtet, die Beratungen ernst zu nehmen und in seine Entscheidungen einzubeziehen. Wie das kirchliche Gesetzbuch betont, darf der Bischof von einem mehrheitlich oder sogar einstimmig erteilten Rat nicht abweichen, sofern hierfür nicht ein schwerwiegender Grund gegeben ist. Eine Diözesansynode würde völlig entwertet oder zur Frustration fuhren, wenn die Gläubigen den Eindruck hätten, ihre Wortmeldungen verhallten ins Leere, ohne etwas bewirken zu können.
Gefährdung kann in einer überzogenen Zielsetzung liegen
Umgekehrt dürfte eine zweite Gefährdung in einer überzogenen Zielsetzung liegen. Wie das Direktorium nachdrücklich hervorhebt, ist es die Pflicht des Bischofs von der Synodendiskussion solche Thesen oder Positionen auszuschließen, die nicht mit der Lehre der Kirche übereinstimmen oder disziplinäre Materien betreffen, die der höchsten oder einer anderen kirchlichen Autorität vorbehalten sind. Sicherlich wird eine genaue Abgrenzung in einzelnen Fragen schwierig sein. Den Synodenmitgliedern sollte durchaus die Möglichkeit eingeräumt werden, ihre Sorgen über Entwicklungen in der Kirche zum Ausdruck zu bringen.
Keinesfalls aber können von der Synode Beschlüsse gefasst werden, die nicht in ihrer Zuständigkeit liegen, wie zum Beispiel die Zulassung von Frauen zum Weihesakrament oder die Abschaffung der Zölibatsverpflichtung für Priester. Auch dies würde notwendigerweise zur Frustration führen und tiefgreifende Enttäuschungen auslösen, die nicht eine Reform, sondern eine Erstarrung des kirchlichen Lebens in einer Teilkirche zur Folge hätten.
Eine solche Folgewirkung kann nur vermieden werden, wenn sich die Ortskirche als Teil eines größeren Ganzen begreift und den Dienst des Nachfolgers Petri und das Bischofskollegium nicht als eine Instanz außerhalb der Teilkirche versteht, sondern als ein Element, das von innen her zu ihrem Wesen selbst gehört und von daher Fundament der diözesanen Gemeinschaft ist.
Billigung der Beschlüsse durch den Papst nicht erforderlich
Damit ist aber bereits eine dritte Gefährdung angesprochen, die in einer universalkirchlichen Überlagerung teilkirchlicher Entwicklungen besteht. Nach geltendem Recht ist eine Approbation der Synodenbeschlüsse durch den Apostolischen Stuhl nicht erforderlich und sollte auch nicht beantragt werden. Sie treten in Kraft durch die Autorität des Diözesanbischofs selbst. Wohl ist vorgesehen, dass eine Kopie der Erklärungen und Dekrete der Synode dem Metropoliten als dem Vorsteher einer Kirchenprovinz sowie der Bischofskonferenz mitgeteilt werden.
Darüber hinaus ist nach der Instruktion von 1997 vorgesehen, dass die Synodenbeschlüsse über die päpstliche Nuntiatur auch dem Apostolischen Stuhl mitgeteilt werden. Dies geschieht zur Kenntnisnahme und Information, nicht aber um eine nachträgliche Approbation der Synodenbeschlüsse durch den Apostolischen Stuhl einzuholen. Der Eigenverantwortung des Bischofs und der Eigenständigkeit einer Teilkirche entspricht, wenn in diesem Bereich die Balance zwischen Universal- und Partikularkirche gewahrt bleibt.
Auch in der Aufgabenumschreibung muss die Balance zwischen Universal- und Partikularkirche beachtet werden. So scheint die Aufgabenstellung einer Synode nicht hinreichend umschrieben zu sein, wenn das Direktorium von 2004 feststellt, die Synode habe vor allem die Aufgabe, die Gesetze und Normen der Gesamtkirche auf die besondere Situation einer Teilkirche anzuwenden und daran anzupassen. Hierin kann sich aber die Aufgabenstellung einer Synode keineswegs erschöpfen.
Anregungen für mögliche Reformen in der Kirche insgesamt
In ihr muss es auch und gerade darum gehen, die Initiativen und Impulse, die von einer Ortskirche ausgehen, aufzugreifen und zu fördern, um dadurch Anregungen für mögliche Reformen in der Kirche insgesamt zu geben. Diese Zielsetzung wird in der Ankündigung einer Diözesansynode für das Bistum Trier deutlich. In seiner Predigt weist Bischof Ackermann zunächst auf die einschneidenden Veränderungen in den Strukturen und Organisationsformen hin, die in den letzten Jahren in der Diözese Trier, wie auch in vielen anderen Diözesen, auf den Weg gebracht wurden.
Über die Strukturveränderung hinaus bedarf es aber, so der Bischof, einer intensiven inhaltlichen Vergewisserung über die Fragen: „Wie wollen wir persönlich und gemeinsam unseren Weg des Glaubens im Bistum Trier gehen, in den sich rasant ändernden Rahmenbedingungen des dritten Jahrtausends? Wie können wir uns neu inspirieren lassen von der Botschaft Jesu Christi, damit sie unser Leben noch stärker prägt? Oder noch einmal anders in der Sprache der Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. gefragt: Wie können wir uns in neuer und vertiefter Weise evangelisieren lassen und evangelisierend wirken?“ Damit hat der Bischof schon deutlich die Zielsetzung der Diözesansynode umschrieben, wobei hierdurch eine Befragung der Gläubigen über die konkreten Themen, mit denen sich die Synode beschäftigen soll, keineswegs überflüssig geworden ist.
Synode als geistlicher Prozess, an dem Gläubige Anteil haben
Generell wird man sagen können, dass eine Diözesansynode gleichsam ein Indikator dafür ist, wie es um die Streitkultur in der Kirche steht. Wird es gelingen, unterschiedliche Positionen auszuhalten und einander anzunähern, um über alle auseinanderstrebenden Tendenzen hinaus die Einheit in der kirchlichen Communio sichtbar zu machen? Dies wird nur erreicht werden können, wenn die Synode auch als ein geistlicher Prozess gestaltet wird, an dem die Gläubigen der Diözese Anteil haben.
Demgemäß sind die Gläubigen, wie das Direktorium von 2004 hervorhebt, eingeladen, an der Eucharistiefeier zu Beginn und zum Abschluss der Synode und an den täglichen Gottesdiensten teilzunehmen und die Arbeit der Synode mit ihrem Gebet zu begleiten. Dann wird die Synode auch einen Beitrag dazu leisten, Risse, die sich im Fundament der Kirche auftun können, zu überwinden und mögliche Spaltungen in der kirchlichen Communio zu vermeiden.
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