Trier:
Unter dem Leitwort „Gemeinsam Zukunft bauen“ hat am zweiten Märzsonntag in der Trierer Synagoge eine christlich-jüdische Gemeinschaftsfeier stattgefunden, an der viele Gläubige beider Religionen teilnahmen.
Eingeladen zu dem interreligiösen Gottesdienst im Rahmen der „Christlich-Jüdischen Zusammenarbeit“ (früher bekannt als „Woche der Brüderlichkeit“) hatten die Jüdische Kultusgemeinde, der Pastorale Raum, die Evangelische Kirchengemeinde, die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) und die Benediktinerabtei St. Matthias. Dieses Jahr steht die Zusammenarbeit unter dem Motto „The Sound of Dialogue – Gemeinsam Zukunft bauen“. Dazu versammelten sich Anfang März bundesweit viele Gläubige der beiden Religionen.
In der Trierer Synagoge begrüßte die Vorsitzende der Kultusgemeinde Jeanna Bakal die zahlreichen Gäste. Sie verband ihre Freude, dass so viele Menschen der Einladung zum Gebet gefolgt waren, mit dem Gedenken an die Opfer des Massakers vom 7. Oktober in Israel sowie des anschließenden Kriegs in Nahost.
Peter Bamler vom Vorstand der GCJZ Trier berichtete von zwei Beispielen, wie Gebete Berge versetzen konnten. Der Franziskanerpater Petrus Pavlicek hatte nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Freiheit Österreichs unter der Sowjetischen Besatzung bedroht war, eine „Gebetsgemeinschaft für Kirche und Welt“ gestartet, der sich bis 1955 ein halbe Million Menschen anschlossen, die für den Frieden beteten. Die Bewegung habe es geschafft, dass die Sowjets abzogen – anders als in der DDR. Aber auch dort hätten die seit 1985 in evangelischen Kirchen in Leipzig und Ostberlin durchgeführten Mahnwachen dazu beigetragen, dass das kommunistische System Risse bekomen habe und 1989 zusammengebrochen sei.
Anschließend wurde der Psalm 22 aus dem Alten Testament, der einerseits Verzweiflung, aber auch Vertrauen auf Gott ausdrückt, gebetet – zunächst auf Deutsch von Pastoralreferent Thomas Kupczik vom Pastoralem Raum und Peter Szemere von der jüdischen Gemeinde, danach auf Hebräisch von Rabbiner Michael Jedwabne, der die Trierer Synagogengemeinde von Aachen aus mit betreut.
Das Psalmenwort „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ hat Jesus auch am Kreuz gebetet und damit hervorgehoben, dass er Jude war. Aber dieses Wort ist aus christlicher Sicht nicht das letzte geblieben – so wie Gott nach dem Neuen Testament seinen Sohn aus dem Tod errettet habe, werde auch er die, die an ihn glauben, aus dem Tod erretten.
Gemäß dem Motto der Gemeinschaftsfeier „Klang des Dialogs“ spielte die Musik in dem Gottesdienst eine wichtige Rolle. Der evangelische Ruhestandspfarrer Ulli Dann ging auf das Martin Luther zugesprochene Zitat „Singen ist doppelt beten“ ein und und betonte die gemeinschaftsbildende Rolle der Musik, die immer auch etwas mit Harmonie und Gemeinschaft zu tun habe. Dafür sorgte bei der Gemeinschaftsfeier die Klezmer-Band Freilichs aus der jüdischen Gemeinde, die zahlreiche Friedenslieder sowohl aus der jüdischen als auch auch der christlichen Tradition vortrug.
Ein Höhepunkt der interreligiösen Veranstaltung war ein Lied von Schalom Ben-Chorin, das der aus München stammende jüdische Philosoph und Schüler von Martin Buber 1942 in Jerusalem getextet hatte: „Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt, bleibe uns ein Fingerzeig, wie das Leben siegt“.
Ben Chorin hatte 1967 in Trier durch einen Vortrag über den „christlich-jüdischen Dialog nach dem Konzil“ in der Aula des damaligen Hindenburg-Gymnasiums den Anstoß zur Gründung der GCJZ in der Stadt gegeben. Auch die erste jüdisch-christliche Gemeinschaftsfeier auf einem deutschen Katholikentag fand 1970 in Trier statt.
Nach einem gemeinsamen Segen durch Rabbiner Jedwabne, Pfarrer Dann und Abt Ignatius Maaß endete die Feier. Das anschließende gemütliche Beisammensein im Gemeinschaftsraum der Synagoge wurde von der Klezmer-Band Freilichs begleitet.