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Auch heute Martins Beispiel folgen

Foto: Christine Cüppers
Moderne Darstellung in der Kathedrale von Tours: Martin teilt den Mantel mit dem Bettler (links), daneben in leuchtendem Orange Flüchtlingszelte.

Auch heute Martins Beispiel folgen

Von: Christine Cüppers | 23. Oktober 2016
Tours und Poitiers, Marmoutier, Ligugé und Candes-Saint-Martin – das sind Ortsnamen, die sofort an den heiligen Martin denken lassen. Seinen Spuren in Frankreich gefolgt sind 40 Teilnehmer der „Paulinus“-Leserreise im Jubiläumsjahr des Geburtstages des Heiligen vor 1700 Jahren.

„Der heilige Martin war als Kind für mich der Gute. Vor Nikolaus hatten wir ein bisschen Angst, Martin aber war freundlich.“

Martin Braun fühlt sich schon immer begleitet von seinem Namenspatron, hat sich stets für dessen Leben und Wirken interessiert. Genau wie Martin Stingl. „Jetzt nutze ich endlich die Gelegenheit, Orte aus Martins Leben zu besuchen und die Geschichten um ihn mit Leben zu füllen“, sagt der Reiseteilnehmer aus Ettlingen bei Karlsruhe und damit der mit der weitesten Anreise.

In Gesellschaft von „Paulinus-Lesern“ aus dem ganzen Bistum machen beide Männer sich auf den Weg zu wichtigen Stationen des heiligen Martin. Diese stellt Volker Malburg, Regens des Priesterseminars St. Lambert in Lantershofen und der geistliche Leiter der Reise, in Bezug zur heutigen Lebenswirklichkeit. So blicken die Frauen und Männer an den historischen Orten auch auf ihre Situationen und die Möglichkeiten, dem Beispiel Martins in Nächstenliebe und Gebet zu folgen.

Nach seiner Ausbildung zum römischen Offizier traf Martin im Winter 354 vor den Toren von Amiens einen Armen und schenkte ihm die Hälfte seines Mantels. In der folgenden Nacht erschien Martin im Traum Christus in seinem Mantel und sagte „Du hast ihn mir gegeben.“ Daraufhin, so schildert es Sulpicius Severus, Schüler und Biograph des Bischofs, ließ sich Martin taufen, verließ die Armee und ging nach Poitiers in die christliche Ausbildung zu Bischof Hilarius.

In Trier vergeblicher Einsatz für verurteilte Ketzer

Nicht weit entfernt gründete Martin das erste Kloster Galliens, das er elf Jahre lang leitete. 371 wurde er zum Bischof von Tours gewählt. Immer wieder suchte er die Klöster von Marmoutiers und Ligugé auf, um in der Einsamkeit zu beten. Entlang der Loire gründete der Bischof zahlreiche christliche Gemeinden. Keinen Erfolg hatte er beim Kaiser in Trier, wo er sich mehrfach für die Begnadigung verurteilter Ketzer einsetzte, die nach seiner Abreise hingerichtet wurden.

80-jährig starb Martin im Jahr 397 in Candes an der Grenze zwischen der Touraine und Anjou, von wo der Leichnam mit dem Schiff nach Tours zurückgebracht wurde. Dort wurde 40 Jahre nach seinem Tod die erste Kapelle, 30 Jahre später die Basilika zu seinen Ehren gebaut.

In der Krypta der Basilika feiern die Trierer am Grab des Heiligen eine ihrer Eucharistiefeiern. Auch im 361 von Martin gegründeten Kloster Ligugé, in Weg-Andachten und im Gottesdienst in der Basilika St. Remi in Reims begegnet die Gruppe Martins Wirken, das entscheidend war für die Ausbreitung des christlichen Glaubens in die ländlichen Gegenden.

An heidnischen Kultplätzen bekehrte der Bischof Menschen, taufte sie und gründete im Gebiet entlang der Loire sechs christliche Gemeinden. „Von vielen dieser religiösen Orte ist heute leider nichts mehr zu sehen. Was bleibt, sind die Namen, die an Ereignisse und Wunder zwischen Martin und den Heiden erinnern“, informiert Fremdenführerin Annick Sommer.

Er bringt den Wein nach Marmoutier

Auch von Martin und dem Wein erzählen viele Geschichten. Die ersten Reben habe er mitgebracht nach Marmoutier, wo er laut Sulpicius Severus immer wieder in der Abgeschiedenheit betete.

Noch sind nicht alle Funde bis ins vierte Jahrhundert ausgegraben, die am rechten Loire-Ufer von der Klostergründung des heiligen Martin kurz nach seiner Wahl zum Bischof zeugen. Hier entwickelte sich eines der größten Klöster Frankreichs. Inmitten eindrucksvoller Überreste der immer wieder ergänzten, erweiterten und im 19. Jahrhundert von Nonnen zum Andenken teilweise restaurierten Anlage befindet sich inzwischen ein Schulkomplex, in dem 1000 Schüler unterrichtet werden.

Dem Weg des Schülers Martin und seines Bischofs Hilarius folgen die Trierer in Poitiers, der heute 100 000 Einwohner zählenden Hauptstadt der Region Poitou-Charentes. Das Zusammenleben von heidnischem Rom und dem beginnenden Christentum lässt sich gut erkennen in der Taufkapelle St. Jean, dem ältesten in Frankreich erhaltenen Baptisterium. Eingebettet in römische Mauerreste einer Villa befindet sich ein achteckiges, von einem Aquädukt gespeistes Wasserbecken, in das die Taufbewerber eintauchten. Darüber die Kirche mit Wandmalereien unter anderem von Christus und Konstantin.

Mit reich verzierter Fassade und farbenfrohem Innern besticht die Pilgerkirche Notre-Dame-la-Grande, die zwar kleiner ist als der Name vermuten lässt, dafür aber einen mächtigen Eindruck bei den Reisenden hinterlässt. „Unglaublich, wie die einzelnen Arkaden des Portals bis in den letzten Winkel verziert sind“, staunt etwa Gisela Mohr aus Koblenz.

Besinnliche Idylle umfängt die Trierer in Ligugé, wo Martin das klösterliche Leben praktizierte. Kenntnis- und detailreich führt Pater Vinzenz Desprez durch die Abtei, in der heute noch 29 Mönche leben und arbeiten. „Und es ist ein Wunder: Wir haben auch junge“, berichtet der 79-Jährige froh und stellt seinen Gästen die besondere Spezialität seines Klosters vor, die vor allem die Leckermäulchen unter den Reisenden jubeln lässt. Scofa, das zarte Gebäck aus Zucker, Créme, Eiern, Mehl und Mandeln (die französischen Bezeichnungen der Zutaten ergeben abgekürzt den Namen) wird einzig und allein in der Klosterbäckerei zubereitet.

Weiter an der Loire entlang begegnet die Gruppe in Langeais mit seinem mittelalterlichen Schloss, im zwar verregneten, aber dennoch idyllischen Chinon und in der Abtei von Fontevraud in zahlreichen Wandmalereien und Reliefs in Kapellen, Kirchen und am Wegesrand nicht nur dem heiligen Martin. Jeanne d’Arc und der Arzt, Gelehrte und Schriftsteller Francois Rabelais, Herzogin Eleonore von Aquitanien und Ehemann Henry von Anjou, späterer König von England – auch sie haben weit über die Region hinaus ihre Spuren hinterlassen.

Leuchtende Farben in vollendeter Glaskunst

Und dann sind da natürlich die Baumeister, die Handwerker, die Glaskünstler! In der Kathedrale und der Basilika von Tours, in den Kathedralen von Chartres und Reims stehen die Trierer fasziniert vor den einzigartigen Kunstwerken, die in leuchtenden Farben und vollendeter Technik das Leben Martins, die Geschichten der Bibel und des Landes darstellen und Zeugnis geben von der großen Bedeutung dieser Orte.

„Einzigartig unbeschreiblich“ flüstert Margret Kremer angesichts der Farbenpracht und -fülle der weltbekannten Fenster von Chartres. 150-fach setzen sie biblische Erzählungen und Szenen des Alltagslebens im 13. Jahrhundert ins Bild. Durchaus stimmig und ausdrucksstark auch die Exemplare aus jüngster Zeit, wie das von Deutschland gestiftete Fenster des Friedens.

Zum Abschluss der Leserreise auf den Spuren des heiligen Martin lädt Regens Volker Malburg beim Gottesdienst in der Basilika des heiligen Remigius in Reims ein, dem Beispiel Martins zu folgen, immer wieder zur Ruhe zu kommen, um Gott im Gebet zu finden, und den Glauben im Alltag einzusetzen, damit die Liebe in der Welt wachsen kann.

Den Geist Martins heute wirken lassen

„Voller Eindrücke, bereichert und angeregt“ macht sich die Gruppe auf den Heimweg ins Bistum Trier, wo Martin ja ebenfalls Spuren hinterlassen hat. Erstaunt darüber, dass man in Frankreich so gut wie nichts von dem deutschen Brauchtum rund um Sankt Martin kennt, ist Irene Heinrich-Bastuck aus Lebach dankbar für die „gute Mischung aus Pilger- und Kulturreise“ sowie für neue Anregungen, den Geist Martins auch heute wirken zu lassen.

Ganz klar: Die Teilnehmer sind durch die „Paulinus“-Leserreise der historischen Person des Bischofs Martin von Tours an den Orten seines Wirkens und auf seinen Spuren nähergekommen. „Diese Fahrt war für mich der Kick, endlich die Biographie des Sulpicius Severus zu lesen und die Orte dann noch einmal zu bereisen“, hat sich Martin Braun vorgenommen.



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Im Blickpunkt

„Paulinus“-Leserreise 2024

Die nächste „Paulinus“-Leserreise führt vom 28. September bis 5. Oktober nach Kroatien. Die dalmatinische Küste Kroatiens zählt zu einer der malerischsten Europas. Unzählige vorgelagerte Inseln, herrlich verträumte Buchten, ein kristallklares Meer sowie die einzigartigen Städte Dubrovnik, Split und Trogir (deren Altstädte stehen unter dem Schutz der Unesco) werden Sie verzaubern.


Lebensberatung im Paulinus

An dieser Stelle beantworten regelmäßig Lebensberaterinnen und -berater aus den Einrichtungen des Bistums Trier Fragen zu verschiedenen „Problemfeldern“ des Lebens, zum Beispiel aus den Bereichen Erziehung, Ehe oder Familie. Wenn Sie zu einem Problem Beratung oder Antworten suchen, können Sie sich entweder an die „Paulinus“-Redaktion, Postfach 3130, 54221 Trier, oder direkt an die Lebensberatungsstellen im Bistum Trier wenden. Viele Paulinus-Beiträge aus der Praxis der Lebensberater finden Sie im Paulinus-Archiv/Lebensberatung.


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  • Weitere Videos
    Weitere Videos des Paulinus finden sich auf www.youtube.com/PaulinusTrier




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